Flyover Land, Überflugland, so nennen viele Amerikaner die Staaten im Herzen Amerikas. Flyover deshalb, weil die Einwohner der Ballungszentren an West- und Ostküste diese Staaten höchstens aus den Nachrichten oder eben aus der Vogelperspektive beim Transkontinentalflug kennen. Dabei haben viele dieser Örtchen und Städtchen einen ganz eigenen Charme. Sie definieren das, was viele Amerikaner als „das echte Amerika“ bezeichnen. Das richtige, unverfälschte Amerika. Wo die Türen Tag und Nacht offen stehen und man dem Nachbar von der Porch Swing, der Schaukel auf der Veranda, noch mit einem Mason Jar, einem Einmachglas, voller Eistee zuprostet, während man einfach den vorbeirollenden Pickups zuschaut. Einer dieser Orte, an denen europäische Touristen dieses ursprüngliche Amerika kennenlernen können, ist Ozark am Arkansas River im Nordwesten des gleichnamigen Bundesstaates.
Das dreieinhalbtausend Seelen-Örtchen entstand ursprünglich als oft frequentierter Punkt französischer Fell-Trapper am Flussbogen, daher auch der Name Ozark – Aux Arc – Am (Fluss-)Bogen. Am Fuße des Ozark-Gebirges gelegen, verbindet sich hier auf eine ganz eigene Weise die bekannte Southern Hospitality, der Südstaaten-Höflichkeit von Arkansas aber auch ganz gewisse Mittelwesten-Eigenschaften. In Ozark geht es ruhig zu. Die Stadt ist Regierungssitz für den nördlichen Teil des Franklin County und damit für alles zuständig, was in diesem Landkreis nördlich des Flusses passiert. Über den Arkansas River verläuft der Highway 23, der sich zu beiden Flussseiten auf die hügeligen Ebenen des westlichen und nordwestlichen Arkansas erhebt. Das Motto des Staates „The natural State“ bekommt hier eine ganz eigene Bedeutung, denn um Ozark herum findet sich vor allem das, was der Deutsche als „Jede Menge Gegend“ definieren würde: Bewaldete Hügel, offene Ebenen, dazwischen immer wieder einzelne Farmen, Häuser und Gehöfte. Cowboy Boots gehören hier noch zur alltäglichen unironisch getragenen Männerkleidung und wer nicht in einem Motel an der Interstate 40 nächtigen möchte, kommt kaum umhin, sich in einer kleinen Pension wie dem „The Magnolia Bed & Breakfast“ einzumieten. Liebevoll umsorgt von einer pensionierten Lehrerin aus Kalifornien kann hier auch der europäischste Europäer binnen weniger Stunden zum Local, zum Einheimischen werden. Allerdings machen es einem die Einwohner von Ozark auch einfach, denn hier wird die Südstaaten-Freundlichkeit noch groß geschrieben. Kaum ein Verkäufer, der nicht leuchtende Augen bekommt, wenn sein Kunde erzählt, dass er eigentlich aus Deutschland stammt und das wahre Amerika kennen lernen wollte. Lokalpatriotismus ist hier ausgeprägt und das Team der örtlichen High School „The Hillbillies“ bewegt wahre Menschenmassen, wenn ein Spiel ansteht.
Übrigens: Das in auch in unseren Breiten bekannte Wort „Hillbilly“ für eher hinterwäldlerische Bergbewohner steht in den USA traditionell nur den Bewohnern der Ozark Mountains zu. Für Leute, die in anderen Gegenden wohnen aber ein gleichen Lebensstil pflegen, gilt der ansonsten gleich besetzte Begriff Redneck.
Die Gegend um Ozark herum ist vor allem auch etwas für Weinkenner, denn im Gegensatz zum weltweit als Weinregion bekannten Kalifornien ist die Landschaft um Ozark heimliche Nummer eins in der US-Weinproduktion. Das liegt vor allem an deutschen und schweizerischen Winzern, die hier gegen Ende des 19. Jahrhunderts eintrafen und ihre Rebsorten mitbrachten. Im Gegensatz zu vielen anderen Weinregionen des Landes erholte sich das nordwestliche Arkansas schnell von der Prohibition (weitere Infos dazu hier) – und das, obwohl das Franklin County südlich des Flusses auch heute noch ein „Dry County“ ist. Also eines, in dem Alkoholverkauf streng reglementiert wird.
Eine Tour sollte auf jeden Fall zum Oark Cafe führen. Der 1890 eröffnete kleine Laden samt Restaurant ist nämlich das älteste durchgängig betriebene Gewerbe des ganzen Staates Arkansas und weit über dessen Grenzen für seine unglaublich leckeren Hamburger und seinen Kuchen bekannt.
Freilich müssen vor allem Besucher aus Europa einplanen, dass es in Ozark „wirklich“ ländlich-amerikanisch zugeht. Die Menschen sind recht gläubig und konservativ, entsprechen allerdings nicht dem Klischee des bibelschwingenden Rednecks sondern eher einer konservativen, aber trotzdem weltoffenen und Fremden gegenüber aufgeschlossenen Gesellschaft. Wenn sich die Blätter goldgelb färben, findet sich in Ozark und dem ganzen County kaum jemand, der nicht der Jagdsaison entgegenfiebert. Und ohne Kautabak geht bei vielen Ozarkians gar nichts. Wen das nicht stört, der wird in Ozark wundervolle Tage verbringen können.
Einen kleinen Nachteil hat das Ganze allerdings, denn für Touristen aus Europa ist Ozark nur über einige Umwege zu erreichen: Nächstes Ziel ist der Flughafen in Dallas/Texas, den die Lufthansa nonstop von Frankfurt aus anfliegt. Dann aber heißt es abwägen: Von Dallas fliegt American Airlines nahezu stündlich das von Ozark eine Fahrstunde entfernte Fort Smith an der Westgrenze von Arkansas zu Oklahoma an. Von dort aus geht es dann nur per Auto weiter. Wer sich entschließt, von Dallas aus gleich mit dem Auto zu fahren, hat vier bis fünf Stunden auf der Interstate vor sich, die allerdings mit einem wirklich malerischen Ausblick auf die umgebende Landschaft belohnt werden.
Ein großer Vorteil europäisch-amerikanischer Völkerverständigung ist das ESTA-Visum, das für Deutsche an Stelle des klassischen Einreisevisums
getreten ist.
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