"Wir möchten glückliche und zufriedene Kunden"
oder: Umtausch selbstverständlich, immer und überall !
von -me-
Als Europäer -insbesondere als Deutscher- hat man
ja schon so einiges erlebt in Sachen Service und Freundlichkeit im eigenen Land. Angefangen bei Rechtfertigungen, die eher an ein FBI-Verhör erinnern, bis hin zu der
unmißverständlichen Aussage, daß 'das nicht möglich' ist und überhaupt ja noch nie so
war. Alles nur, weil es darum geht, einen Artikel umtauschen zu wollen oder den
Parma-Schinken besonders dünn und frisch geschnitten haben zu wollen. Das Sortiment der
möglichen Reibungspunkte bei der Verrichtung alltäglicher Dinge ist mitunter ebenso
vielfältig wie das Warenangebot oder die Dienstleistung der Verkaufsstätte. Die
Ausnahmen selbstverständlich ausgenommen !
Lassen Sie sich nun auf die Zustände in den USA vorbereiten.
Die erste Erfahrung -und das sind bekanntlich die,
die man nicht so schnell vergißt- erlebte ich in einem Supermarkt in Florida.
Nach ein paar Monaten immer noch 'Neu im Land', erinnert sich der Gaumen gelegentlich doch
noch mal an alte Zeiten und verlangt nach ein paar vertrauten Gaumenfreuden.
Import Artikel aus fast allen Ländern und somit auch Deutschland, Italien, Frankreich,
die aufgrund Ihrer langen Reise hier einen Delikatessen Preis haben, sind in beinahe jedem
größeren US-Supermarkt zu finden.
Also kam bei diesem Einkauf neben den normalen 'domestic products' (amerikanische Waren)
auch noch ein paar französische Käsesorten, etwas italienische Salami, ein paar
Schweizer Süßigkeiten und ein Paket Volkornbrot dazu.
Den Einkaufswagen gut gefüllt fand ich meinen weg zur Kasse ('check-out').
Alles wurde -wie immer- themenverwandt in Tüten gepackt ..."paper or plastic,
Maam?" Ich wählte also die Tütenart und anschließend wurde alles wieder in
meinen Einkaufswagen gestellt. Auf das Angebot, mir die Sachen zum Wagen fahren und in den
Kofferraum einpacken zu lassen, verzichtete ich (obwohl einen der PUBLIX immer wieder
darauf hinweist, daß dies sein Service ist und man ihn bitte annehmen solle...)
Zuhause angekommen stellte ich fest, daß alles da war -nur nicht die für diesen Moment
einzig wichtig Tüte ... die mit den 'Spezial-Waren'. Wie sollte ich das meinem Gaumen
erklären?
Ein paar schnelle, hektische Blicke, ob ich es beim Auspacken vergessen hatte, dann die
endgültige Ernüchterung - nicht da!
Nun bis hierher kennt das jeder und im Augenblick weiß man nicht, was man schlimmer
empfindet, den Verlust über die 40 Dollar oder die Enttäuschung darüber, daß man jetzt
nicht seine Gier stillen kann. In diesem Fall war es letzteres.
Dennoch dachte ich, es sei einen Versuch wert, im Markt anzurufen und nach der
liegengebliebenen Tüte zu fragen: "Thank you for calling Publix Superstore, this is
Brittanny, how may I help you?"
Also habe ich die Geschichte brav vorgetragen; jedoch in Erwartung, daß man mir meine
Story nicht abnimmt, denn immerhin ging es in diesem Fall ausschließlich um die teureren
Artikel.
Brittany hörte mir dennoch geduldig zu und antwortet nur: "Maam, can you hold
on, please " und schwupps war ich bereits in Larry's Büro verbunden.
Larry? Larry war der Manager des Marktes und ich werde seine ruhigen verständnisvollen
Worte nicht vergessen: "Maa'm, my name is Larry. I'm the store manager. I
understand what happened, and I'm very sorry about that. Would you please be soooo kind
and come back here -whenever it's convenient for you- and ask for me. We will certainly be
happy to give you anything that is missing. Sorry for any inconvenience !!"
OOPPS, was war das denn? Es war doch nur ein Versuch, habe doch nicht wirklich mit solch
einem Verständnis gerechnet. Ohne wenn und aber, ohne Rückfragen, ohne Verhör, ohne
Mißtrauen. Er sagte also lediglich, daß ich, wann immer es mir gelegen kommt, zum
Supermarkt kommen soll und er würde mir alles neu zusammenstellen lassen.
Bis ich diese nette Gespräch verdaut hatte (etwas anderes hatte ich ja nicht zum
Verdauen), verging 'ne halbe Stunde und weil ich den zweiten Teil der Hilfsbereitschaft
nun möglichst schnell wissen wollte, entschloß ich mich, gleich noch mal aufs Festland
zu fahren, um zu verifizieren, ob Larry die Wahrheit gesagt hatte.
Er hatte!
Mein Kassenbon hat ihn zunächst mal überhaupt nicht interessiert, vielmehr wollte er
wissen ob er mir jemand zur Verfügung stellen solle, der mir die Sachen wieder
zusammensucht, denn meine Tüte von vorhin war nirgendwo zu finden. Ich, der sich an
zuviel Service noch nicht gewohnt hatte und die guten 'alten' Sitten aus Deutschland noch
allzu gut kannte, machte das selber, ging zu Larry, um ihm die 'Ersatzstücke' zu zeigen
und hörte ihn stattdessen nochmals Entschuldigungen entgegnen.
In den Jahren gewöhnt man sich jedoch stark an diesen Service-Gedanken, der sich am
Verbraucher orientiert. Sollte man doch einmal schlechte Erfahrungen machen, was
sicherlich äußerst selten vorkommen dürfte, dann kann man sie getrost als
'Eintagsfliege' abbuchen.
Viel Spaß beim Shopping!