Da gibt es dieses Lied, was im damals noch unvereinten Deutschland gleichermaßen für Begeisterung gesorgt hat und was man heute mit Fug und Recht als einen Evergreen bezeichnen kann, der nichts von seiner Klasse verloren hat. Dereinst als Liedtext während der Verfilmung von Helmut Richters Erzählung „Über sieben Brücken musst du gehen“ entstanden, haben sowohl „Karat“ als auch Peter Maffay mit ihren Interpretationen dafür gesorgt, dass hier ein regelrechter Klassiker der Popballade entstanden ist.
Ich musste an dieses Lied denken, als ich mich dazu entschlossen habe, von Miami nach Key West zu fahren, um dort vor allem Hemingway's Domizil zu besuchen. Ja, und um diese Strecke zu bewältigen, muss man mehr als nur sieben Brücken überqueren. Genau gesagt sind es 42, die den Overseas Highway, wie das südliche Ende des Highway 1 hier heißt, über 113 Meilen (oder 182 km ) mit Key West verbinden. Und rollt man dann auf ihnen so dahin in Richtung Süden, linkerhand die Karibische See und rechts den Golf von Mexiko, und das alles umrahmt von strahlendem Sonnenschein mit azurblauem Himmel, dann bekommen die Liedzeilen „Manchmal greift man nach der ganzen Welt...“ eine ganz eigene Bedeutung.
Als Startpunkt habe ich mir den Hafen von Miami erwählt, da es der größte Kreuzfahrthafen der Welt ist und seltsamerweise sind derartige Superlative immer wieder besondere Anziehungspunkte bei jeglicher Routenplanung. Täglich starten oder landen hier riesige Kreuzfahrtschiffe und man spricht davon, das mindestens 10.000 Passagiere am Tag die Hafentore passieren.
Ich konnte der Versuchung auch nicht widerstehen und habe eines der wirklich ausgezeichneten Angebote genutzt und bin zu einem Kurzbesuch nach Freeport auf die Bahamas geschippert, um etwas karibisches Flair zu schnuppern. Auch wenn ich mich immer wieder frage, wie es sein kann, das man, kaum in einem großartigen Landstrich angekommen, schon wieder das Verlangen nach neuen angrenzenden Regionen verspürt, ist es unbedingt empfehlenswert, diesen Abstecher von Miami aus zu unternehmen. Trotz der damit verbundenen Beschwerlichkeiten mit den Ein- und Einreiseformalitäten, bilden die gewonnen Eindrücke an Bord und an Land bei bestem Preis- Leistungsverhältnis unvergessliche Erinnerungen. Und bei der Rückkehr am Abend, gibt ein Blick von See auf das langsam auftauchende Miami den idealen Rahmen, ein letztes eisgekühltes „Kalik“, dieses recht interessante Bier der Bahamas, zu geniessen...
Doch zurück auf den Weg nach Key West. Vom Hafen geht es über den Highway 1 Richtung Süden. Ein wenig muss man wohl an Don Johnson denken, wenn er in „Miami Vice“ diese Strasse in seinem Cabrio entlang sauste, immer auf der Jagd nach dunklen Gestalten. Mag es daran liegen, dass mir keinerlei derartige Burschen begegnet sind, oder vielleicht daran, dass mein Mietwagen sich doch um einiges von Johnsons Gefährt unterschied, jedenfalls beim Einbiegen auf den Turnpike kamen mit ersten Blicken zur Kay Largo Bridge wieder die Gedanken an diese faszinierenden Bauwerke zurück.
Dies um so mehr , als dass man sie ja unbedingt in einen Zusammenhang stellen muß zur ursprünglichen Erschliessung der Inseln durch die von Henry Flagler 1912 erbaute Eisenbahnlinie.
Beurteilt man aus heutiger technischer Sicht diese Pionierleistung, kann man nur Hochachtung vor den damaligen Bauleuten empfinden. Vor allem auch deshalb, weil diese Strecke nicht nur durch die Anforderungen der Verbindung von Inseln geprägt war, sondern in einer Region erfolgte, wo die Witterungsbedingungen vor allem durch häufige Hurrikankatastrophen nun wahrlich zu den kritischsten Baugebieten dieses Planeten gehören.
Auch wenn heute nur noch Rudimente der einstigen Bahnstrecke vorhanden sind, so zeigen sie doch ein Bild von einzigartigem unternehmerischen Mut und großartiger Ingenieurskunst der damaligen Zeit. Das sich die heutigen Brückenbauwerke in direkter Linie an diese Leistungen anschließen, zeigen nicht nur solche außergewöhnlichen Bauten wie die 7-Miles Bridge bei Marathon Key, sondern der gesamte Verlauf über die Inseln. Und so ist die Strecke von Key Largo, über die Islamorada, die Long Key, die Big Pine Key, bis nach Key West - um nur einige der Inseln zu nennen - ein wahres Vergnügen zu fahren und in dieser traumhaften Umgebung wohl auch einmalig auf dieser Welt.
Natürlich wird das Vergnügen nicht nur durch die einzigartigen Bauwerke hervorgerufen, sondern vor allem durch jede Menge Sehenswürdigkeiten auf den Inseln und die unglaubliche Freundlichkeit ihrer Bewohner. Egal ob Einheimischer oder Zugereister, jeder ist hilfsbereit, und jeder hat natürlich die besten Tipps parat - besonders zu gastronomischen Highlights. Und weil davon gerade die Rede ist- bei der Fülle von Angeboten an frischem Fisch und anderem Meeresgetier, ist man für jeden Tipp dankbar, denn die Zeit reicht nicht mal andeutungsweise, um dies alles allein zu entdecken. Wer einmal Floridas „Lemmon Pie“ gegessen hat, weiß wovon ich spreche...
So wie es mit den kulinarischen Angeboten ist, verhält es sich auch mit dem Besuch von Sehenswürdigkeiten, die rechts und links wie auf einer Perlenkette aufgereiht, zum Verweilen einladen. Ich muß gestehen, ein Urlaub reicht bei weitem nicht, all dies zu erfassen. So sei nur auf den John Pennekamp Coral Reef Park oder den Long Key State Park verwiesen, wo der Besuch einfach ein Muss ist.
Nur was bitte schön ist eigentlich kein Muss auf dieser Tour? Ich kann einfach keine Rang - und Reihenfolge finden - weil tatsächlich alles Klasse ist! Und dabei habe ich noch gar nichts dazu gesagt, dass man natürlich auch mal an den Strand gehen kann, oder Schwimmen, oder Schnorcheln und Tauchen, oder zum Hochseeangeln raus fahren...
Das bringt mich nun endlich zu Hemingway zurück, gar nicht so einfach, bei den vielfältigen Ablenkungen auf dieser Fahrt.
Doch mit dem Erreichen der südlichsten Insel der Tour, stechen sie in der Tat sofort ins Auge, die vielfachen Werbeträger, die zum Hochseeangeln wie bei Hemingway einladen. Ich verkneife mir diese Angebote, so verlockend sie auch sind, und besuche statt dessen sein Wohnhaus mit dem herrlichen Garten und den vielen Katzen. Man wird schon von einiger Ehrfurcht gepackt, wenn man sich vorstellt, das hier einige seiner bedeutendsten Werke entstanden sind!
Etwas weniger Ehrfurcht verspürt man dann, wenn man in einer seiner damaligen Lieblingskneipen „Sloopy Joe's“ sitzt, um etwas von dem Ambiente aufzuspüren. Das gleiche wollen nämlich so um die – gefühlte - ein Million Touristen!
Trotzdem- man muß es einfach mal gesehen haben- und die Mojitos aus Rum, frischer Minze, Limonensaft, Soda und viel Eis, sind wohl noch genauso gut wie zu Zeiten des großen Autors...
Und wenn der Tag dann am für seine Sonnenuntergänge gerühmten, und sein lockeres Musik- und Gaucklertreiben berühmten Old Mallory Square zu Ende geht und die karibische Nacht so langsam ihre Schatten auf den (mein Gott schon wieder!) gut gefüllten Becher mit Mojito in meiner Hand fallen lässt, weiß ich, warum Hemingway hier mehr als zehn Jahre seines Lebens verbracht hat!!